I Die Anfänge
Zwischentauschmittel und Naturgeld
Tauschhandel in seiner einfachsten Form, dem direkten Abtausch von Ware gegen Ware (die sogenannte Naturaltauschwirtschaft) reicht zurück bis in allertiefste vorgeschichtliche Zeiten. Einer der ersten Meilensteine der Karriere des Homo Oeconomicus und seines rasanten Aufstiegs von den Lagerfeuern der Steinzeit bis zu den Wolkenkratzern der Wall Street ist die Erfindung von Zwischentauschmitteln, des Ur- oder Naturalgeldes: Teilbar, haltbar, hortbar und vergleichsweise leicht zu transportieren, dienten Werkzeuge, Schmuckgegenstände, Salz, Trockenfisch und -fleisch sowie Pelze, Muscheln, Horn und Perlen als Mittel zu Wertbestimmung und Vergleich. Neben simplem Gütertausch dürften auch andere Faktoren wie Tributzahlungen nach Konflikten bei der Evolution des Geldes eine Rolle gespielt haben. Als Indiz hierfür wird von Historikern zum Beispiel das lateinische Wort ‚pagare‘ (die Wurzel des englischen ‚pay‘ etc.) aufgeführt, das soviel bedeutet wie ‚befrieden‘, ‚regeln‘ und ’schlichten‘.
Getreide und Vieh: Arbeitendes Kapital
Ackerbau und Viehzucht brachten bis dahin unbekannte Konzentrationen von Gütern und neue Möglichkeiten zu deren systematischer Vermehrung. Zählbar und aufteilbar, wurden Vieh und Getreide ab ca. 10.000 v.Chr. nicht nur zu gängigen Zahlungsmitteln sondern auch zum ersten arbeitenden Kapital. Nicht umsonst haben Worte wie ‚Kaptialie‘ und ‚cattle‘ (engl.= Vieh) ihre gemeinsame Wurzel im lateinischen ‚capitalis = Kopf oder Kopfzahl), oder ‚pekuniär‘ (=finanziell, geldlich) im lateinischen ‚pecus‘ (Vieh).
Bis vor kurzer Zeit war Vieh als Naturalgeld noch an vielen Orten der Welt anzutreffen. In einigen Winkeln Zentral- und Ost-Afrikas sowie Zentralasiens (Kirgisien) wird bis heute mit Rindern oder
Ziegen bezahlt.
Vorformen von Kreditwesen und Zinsnahme lassen sich in pastorilen Gesellschaften unschwer ausmachen: Kaum etwas scheint näher zu liegen, als seine Rinder jemandem zur Pflege zu überlassen und im Gegenzug mit Milchprodukten versorgt zu werden. Afrikanischen Hirtenvölkern dient die Kreditgabe von Viehbestand von einer Generation an die nächste zudem zur Stabilisierung der Stammeshierachie. ‚Getreide-Geld überlebte ebenfalls bis ins 20. Jahrhundert: In Tibet wurden bis zur Invasion durch die Chinesen im Jahre 1950 mit Gerste beglichen.
Von Muscheln zu Münzen
Mit der Verbesserung von Techniken zu Metallgewinnung und -Verarbeitung war es nur eine Frage der Zeit, bis sich edle und halbedle Metalle -extrem haltbar sowie rar und von hohem Wert bei vergleichsweise geringem Gewicht- als Zwischentauschmittel durchsetzen würden. So wurden aus Silber, Kupfer und Gold gefertigte Platten, Barren, Stäbe etc. zu den Vorlaüfern der ersten Geldstücke. Eines der ältesten und anschaulichsten Beispiele für diese Entwicklung ist die Kauri-Muschel, die im 2. Jahrtausend v. Chr. in China (Shang Dynastie) zunächst als Schumck und dann als Zahlungsmittel verwendet wurde, und von der um ca. 1100 v. Chr. in Bronze oder Kupfer gegossene Imitationen auftauchten. Bis heute findet sich ihre Form sich im chinesischen Schriftzeichen ‚bei‘ (‚Wert, wertvoll, Geld‘) verewigt.