II Moderne Zahlen und Gesetze: Mesopotamisches Banken- und Kreditwesen
Ab ca. 3000 v Chr. entwickelten sich unter den in Mesopotamien (heutiger Irak. südöstliches Syrien, Südtürkei und Südiran) ansässigen Kulturen der Sumerer, Babylonier, Assyrer etc. auf Silberbarren und/oder Getreide basierende Tausch- und Zahlungssysteme sowie ein geregeltes Banken- und Kreditwesen.
Zunächst waren es religiöse Tempel, die Wertsachen und Güter aufbewahrten und einfache Dienstleistungen wie die Annahme von Spareinlagen oder die Ausgabe von Krediten abwickelten. Später wurden diese Praktiken auch von Privatleuten übernommen. Zinsrechnung war den Mesopotamiern -denen wir unter anderem die Unterteilung der Woche in 7 Tage und der Minute in 60 Sekunden verdanken- ebenfalls bekannt. Bei den Sumerern erfolgte ihre Berechnung anhand der gleichen Formeln wie heute und den Zinseszins miteinbeziehenden Tabellen. Grundlage der Kreditgeschäfte dieser Zeit war meist Getreide. Eine bestimmte Menge von Saatgut wurde verliehen, dann wurde damit gearbeitet, und nach der Ernte wurde die geliehene Menge zuzüglich Zinsen zurückerstattet.
Mit dem Kreditwesen einhergehende Erscheinungen wie Bonitätsprüfungen, Wucher, Bankrott und gesetzliche Regelungen liessen nicht lange auf sich warten und sorgten für ein erstaunlich modern anmutendes Gesamtbild. Die Zinssätze waren mit mindestens 20% im Vergleich zu heute sehr hoch und man vermutet, dass diese Zahl ein ähnlich hohes Verlustrisiko auf Seiten der Kreditgeber wiederspiegelt. Die ersten gegen Wucherzinse gerichteten Erlasse stammen aus dem Jahre 2380 v. Chr. (König Urukagina). In dem berühmten baylonischen ‚Codex Hammurabi‘ (1800 v. Chr.) -der ältesten bekannten Gesetzsammlung überhaupt- finden sich Regelungen zu Hypothekenkrediten, besicherten und unbesicherten Krediten sowie erfolgsbedingten Zahlungen (erst nach der Ernte, bei Missernte sogar erst im nächsten Jahr). Offensichtlich hatte sich das Geschäftsleben hier bereits so verkompliziert, dass Regelungen zu Buchführung und Gewinnaufteilung getroffen werden mussten. Hammurabis Juristen legten unter anderem einen Maximalzinssatz von 33,3 % fest. Auch belegen die Schriften, dass es schon im 2. Jahrtausend v.Chr. Anteilsscheine an Unternehmen gab.
Dass das Aufkommen der ersten Geldmünzen bis ca. 630 vor Chr. (in Lydien, etwa dem heutigen Anatolien in der Türkei, unter dem heute sprichwörtlichen König Krösus) auf sich warten liess, dürfte u.a. an der Effizienz der mesopotamischen Zahlungsysteme gelegen haben. In der ägyptischen Binnenwirtschaft z.B. funktionierte Getreide als Wertreserve und Zahlungsmittel so gut, dass Gold lange Zeit nur im Aussenhandel verwendet wurde.
Lydische Münzen waren aus Elektron (Weissgold), einer in Keinasien natürlich vorkommenden Gold/Silber Legierung, und hatten ein modernes Aussehen: Sie waren rund, hatten ein genormtes Gewicht, waren mit einem Siegel (Löwenkopf oder -Klaue) gestempelt und besasssen eine Rifflung, die den Grad ihrer Abnutzung anzeigte. Die Tatasche, dass der Wert von Weissgold ohne Einschmelzung nur schwer bestimmbar ist, dürfte zur Entwicklung und Verfeinerung von Prägetechnikem beigetragen haben. Von Lydien aus verbreitete sich der Gebrauch von Geldmünzen schnell in Richtung Persien und nach Griechenland.